Wenn sich bei einer Untersuchung in unserer Klinik oder durch den Haustierarzt herausstellt, dass Ihr Pferd operiert werden muss, sind Sie als Besitzer meist erst einmal verunsichert, was genau das für Ihr Pferd bedeutet. Vielleicht müssen Sie sogar im Rahmen eines Notfalls, wie zum Beispiel einer schlimmen Kolik oder einer schwerwiegenden Verletzung, schnell die Entscheidung zur OP treffen. Damit Sie in solchen Momenten besser und überlegter zum Wohle Ihres Pferdes entscheiden können, erläutern wir Ihnen hier gerne den Ablauf in unserer Klinik.
Handelt es sich um eine geplante Operation, bringen Sie Ihr Pferd bereits am Vortag in die Klinik. Damit Ihr Pferd genügend Zeit hat, sich von der Fahrt zu erholen und sich bei uns zu akklimatisieren, ist es wichtig, dass es bereits tagsüber bei uns eintrifft. Dann bespricht der Chirurg mit Ihnen die Details und erledigt alles Adminisrative, während Ihr Pferd einem OP-Check unterzogen wird. Das bedeutet, dass wir eine sogenannte allgemeine Untersuchung durchführen und im klinikeigenen Labor ein OP-Blutprofil erstellen mit den für eine Narkose wichtigsten Parametern. In wenigen Fällen stellen wir dabei narkosebeeinflussende Veränderungen fest wie zum Beispiel Hinweise auf eine Immunschwäche, Blutarmut, Fieber, Herz- oder Lungenprobleme. In solchen Fällen muss die OP entweder verschoben werden oder wir schließen weitere Untersuchungen an, um das Problem genauer zu erfassen und mit Ihnen die damit ggf. verbundenen Risiken und/oder Maßnahmen besprechen und ergreifen zu können. Im Falle einer Not-OP ist es natürlich oft notwendig, ein Pferd in Narkose zu legen, das sich in einem schlechten Kreislaufzustand befindet. Dies erhöht das Narkoserisiko, allerdings hat man im Falle einer Kolik oder einer schwerwiegenden Verletzung nicht die Option, länger abzuwarten.
Außerdem wird Ihr Pferd von uns gewogen, da das genaue Gewicht für uns sehr wichtig ist, um alle Medikamente (z.B. Antibiotika, Schmerzmittel, etc.) korrekt dosieren zu können. Am Vorabend der Operation erhält Ihr Pferd dann noch normal sein Futter und am nächsten Morgen je nach dem, wann es auf unserem OP-Plan steht, nochmal eine reduzierte Portion, um das Risiko einer Kolik nach der OP zu verringern.
Am Morgen des Operationstages wird Ihr Pferd nochmal einem kurzen Check unterzogen und nur wenn auch hier alles innerhalb der Norm liegt, findet die OP statt, da ansonsten das Risiko stressassoziierter Erkrankungen erhöht wird. Danach wird ein Katheter in die Halsvene gelegt und hierüber ein entzündungshemmendes und schmerzlinderndes Medikament, je nach OP zusätzlich Antibiotika, sowie schon ein leicht beruhigendes Mittel, verabreicht. Dann wird auf dem Weg zum OP noch das Maul ausgespült, damit später bei der Intubation keine Futterreste mit in die Luftröhre geschoben werden.
In unserer gepolsterten „Ablegebox“ wird die Sedierung noch etwas vertieft, bis der Patient ganz entspannt ist und die Medikamente zur Einleitung der Narkose über den Katheter appliziert werden. Unsere Mitarbeiter halten das Pferd währenddessen mit einer speziell konstruierten Vorrichtung gegen die Wand gedrückt, so dass es sich langsam zuerst auf die Hinterhand setzt, danach mit der Vorhand runterkommt und erst dann auf die Seite gelegt wird. Damit ist das Verletzungsrisiko beim Ablegen des Pferdes sehr gering.
Während der Anästhesist über die Maulhöhle einen Schlauch (Tubus) in die Luftröhre schiebt, sorgen die OP-Helfer dafür, dass die Beine am Kran aufgehängt werden. Mit diesem wird das Pferd dann auf den OP-Tisch gehoben und auf diesem in den Operationssaal geschoben. Dort schließt der Anästhesist das Pferd an einen Tropf an worüber das Pferd die ganze Zeit mit Flüssigkeit versorgt wird. Zusätzlich wird das Pferd an das Narkosegerät angeschlossen, über welches es mittels Narkosegas in Narkose gehalten wird. Sollte unser Patient Schwierigkeiten mit der Atmung bekommen, haben wir die Möglichkeit, ihn mit künstlicher Beatmung zu unterstützen, bevor mögliche Komplikationen eintreten. Außerdem werden einige Geräte zur Überwachung der Narkose angeschlossen. Dazu gehört die Messung der Gaskonzentrationen in der Ein- und Ausatemluft, Herz- und Atemfrequenz, EKG, die Messung der Sauerstoffsättigung, arterielle Blutdruckmessung und bei längeren Operationen regelmäßige und wiederholte Kontrollen der arteriellen Blutgaswerte. Eine solch umfangreiche Narkoseüberwachung ist leider immer noch kein Standard in Deutschland, aber wir legen in unserer Klinik sehr viel Wert darauf, da wir der Überzeugung sind, so das Risiko für Ihr Pferd so minimal wie möglich halten zu können.
Doch trotz dieser modernsten Überwachungsgeräte, besteht immer das Risiko eines unvorhergesehenen Narkosezwischenfalls, wie ein Herz- oder Atemstillstand, der trotz Wiederbelebungsmaßnahmen tödlich enden kann. Glücklicherweise liegt dieses Risiko in unserer Klinik nur bei 0,5%, weltweit wird es mit 1,0% angegeben.
Ist die Narkose gut gelaufen und sind auch die Chirurgen zufrieden, kann das Pferd in die Aufwachbox gebracht werden. Die Aufstehphase ist auch nochmal eine risikoreiche Phase. Warum dies so ist und welche Maßnahmen wir auf Burg Müggenhausen zur Unterstützung für einen möglichst optimalen Verlauf anwenden, können Sie unter dem Stichwort Aufwachphase nachlesen.
Weitere Komplikationen, welche sich erst nach dem Aufstehen zeigen können, sind Muskelerkrankungen oder Lähmungen der Gliedmaßen- oder Gesichtsnerven. Wenn Sie sich vorstellen, dass ein Pferd mit seiner großen eigenen Körpermasse in unnatürlicher Lagerung auf dem OP-Tisch liegt, ist es verständlich, dass es im Bereich der Muskulatur zu Durchblutungsstörungen und zu Quetschungen kommen kann. Trotz unserer anpassbaren OP-Matte sind diese leider nicht komplett auszuschließen. Glücklicherweise sind diese Erkrankungen durch das sofortige Ergreifen geeigneter Gegenmaßnahmen in der Regel nur vorübergehende Zustände.
Ist Ihr Pferd nach der Narkose gut aufgestanden, können uns leider in seltenen Fällen auch noch in der postoperativen Phase Komplikationen erwarten. Als wichtigste Erkrankung in diesem Zusammenhang ist die Colitis X zu nennen. Dabei handelt es sich um eine lebensbedrohliche Durchfallerkrankung, die durch die Stresssituation in Kombination mit Medikamentengabe, vor allem von Antibiotika, entstehen kann. Zudem gibt es im Zusammenhang mit allen Operationen das Risiko von Schwellungen, Blutungen, Wundheilungsstörungen, -infektionen, etc., sowie Operationsspezifische Risiken, wie zum Beispiel Bauchfellentzündungen oder Verklebungen bei Bauchhöhlenoperationen. Über die individuellen Risiken wird Sie der zuständige Chirurg im Rahmen der Narkoseaufklärung aufklären. Um all diese Komplikationen so frühzeitig wie möglich zu erkennen und somit geeignete Gegenmaßnahmen für eine schnelle und folgenarme Genesung ergreifen zu können, bieten wir auf Burg Müggenhausen eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung (24 Stunden) durch einen Tierarzt.
Sie als Besitzer können im Rahmen der Prophylaxe auch dazu beitragen, das Risiko stressassoziierter Erkrankungen bei Ihrem Pferd möglichst gering zu halten, indem Sie für einen korrekten Impfstatus, vor allem Tetanusschutz, und eine korrekt durchgeführte Entwurmung sorgen.
Wir drücken die Daumen, dass eine Operation Ihres Pferdes nie nötig sein wird. Sollte es dennoch dazu kommen hoffen wir, dass Sie mit diesem Wissen etwas gelassener einer Operation Ihres Pferdes entgegen sehen können und sich bei uns gut aufgehoben fühlen werden!