Wir geben Ihnen hier einen Überblick über einige Erkrankungen der oberen Atemwege. Bei allen Verdachtsdiagnosen oder von Ihnen als Pferdebesitzer/in beobachteten Symptomen stehen Ihnen unsere ÄrztInnen sehr gerne mit Rat und Tat zur Verfügung.
Sinusitis („Nasennebenhöhlenentzündung“)
Entzündungen der Nasennebenhöhlen treten beim Pferd häufig als Folge von Erkrankungen der Oberkieferbackenzähne auf. Die Bakterien durchwandern aus dem Bereich der Zähne kommend den Knochen und gelangen so in die Nasennebenhöhlen. Dort haben sie beste Bedingungen sich zu vermehren, so dass es schnell zu Eiteransammlungen kommt. Das erste klinische Anzeichen für den Pferdebesitzer ist eitriger Nasenausfluss, der in diesen Fällen in der Regel nur aus einer Nüster kommt und übelriechend ist.
Sinusitiden können auch durch Viren oder Bakterien ausgelöst werden. Die Entzündung befällt dann meist beide Kopfseiten und der Eiter kommt geruchsneutral aus beiden Nüstern.
Um der Ursache der Nasennebenhöhlenentzündung auf den Grund zu gehen, ist die Endoskopie neben der klinischen Untersuchung, Röntgen und z. T. der Computertomographie des Kopfes ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik. Mit dem Endoskop kann z. B. gezielt und ohne Verunreinigung eine Probe des Eiters oder Schleims gewonnen werden, um mikrobiologisch zu untersuchen, welche Bakterien an der Erkrankung beteiligt sind. Mit sehr feinen Endoskopen ist es häufig sogar möglich bis in die Nasennebenhöhlen hineinzugelangen und so den Ursprung der Erkrankung zu visualisieren. All diese diagnostischen Schritte sind relevant um im Anschluss gezielt und erfolgreich die Ursache der Nasennebenhöhlenentzündung bekämpfen zu können.
Nasenmuschelsequester
Die sog. Nasenmuscheln sind ein Bestandteil der Nasennebenhöhlen des Pferdes. Sie grenzen an die Nasengänge und haben eine besonders filigrane Wand. Bei chronischen Entzündungen der oberen Atemwege oder durch Verletzungen kann es dazu kommen, dass Anteile der Nasenmuscheln nicht mehr durchblutet werden und absterben. Es entstehen sog. Sequester, d. h. totes Gewebe, dass der Körper des Pferdes abstoßen möchte, dies aber häufig nicht vollständig schafft. Die Tiere fallen durch vermehrten Nasenausfluss auf der betroffenen Seite und üblen Geruch beim Ausatmen auf. Mittels Endoskopie kann man die betroffenen Areale häufig einsehen und das abgestorbene Gewebe lösen. Über den Arbeitskanal des Endoskops werden feine Instrumente vorgeführt, um den Sequester zu greifen und so zu entfernen. Ist dies vollständig geschehen, heilen die Bereiche innerhalb kürzester Zeit ab, ohne das negative Folgen für das Pferd entstehen.
Sinuszyste und Tumoren
In den Nasengängen und Nasennebenhöhlen können raumfordernde Strukturen wachsen, die dazu führen, dass das Pferd nicht mehr genug Luft bekommt und vor allem in Bewegung ein abnormes Atemgeräusch auftritt. Zum Teil kommt aus der Nüster auf der betroffenen Seite kein Luftstrom mehr und der Kopf kann auch äußerlich aufgetrieben wirken. Ursächlich können unterschiedlichste Neoplasien sein:
Sinuszysten sind gutartige, flüssigkeitsgefüllte „Blasen“, die erst stören, wenn sie verdrängend und raumfordernd wachsen. Sie können bei Pferden jeglichen Alters vorkommen und sollten operativ entfernt werden, wenn die oben genannten Symptome auftreten.
Andere Tumoren im Kopfbereich können von den Weichteilen, Knochen oder Zähnen ausgehen. In diesen Fällen ist eine umfangreiche Diagnostik notwendig, zu der auch eine endoskopische Untersuchung der Nasengänge und ggf. Nasennebenhöhlen gehört. Es gilt festzustellen, ob der Tumor gut- oder bösartig ist und wie weit und wohin er sich bereits ausgedehnt hat, um ihn im Anschluss chirurgisch zu entfernen. Bei Tumoren, die von den Weichteilen ausgehen, z. B. Polypen, kann eine Endoskopie-gestützte Entfernung mit einer Schlinge oder einem Laser erfolgreich sein. Dies sind äußerst elegante Methoden, die am stehenden Pferd ohne chirurgischen Zugang von außen erfolgreich sein können.
Siebbeinhämatom
Beim Siebbeinhämatom handelt es sich um eine gutartige Zubildung, welche vom Siebbein ausgeht. Da das Siebbein eine stark durchblutete Schleimhaut besitzt, ist die entstehende Umfangsvermehrung mit Blut gefüllt und wird daher als „Hämatom“ bezeichnet. Dieses verhält sich jedoch progressiv, was bedeutet, dass es immer weiter wächst, unter Umständen so weit, dass man diese Zubildung bereits ohne Endoskop bei einem Blick in die Nüster wahrnehmen kann. Typische Symptome sind eine Verlegung des Nasenganges, somit ein verminderter Luftstrom aus dieser Seite sowie immer wieder einseitig auftretendes Nasenbluten (oft schleimig gelb, bräunlich, blutig). Therapie der Wahl ist in der Regel die chirurgische Entfernung über eine Eröffnung des Schädels, was oft sogar am stehenden Pferd möglich ist. Nach der operativen Entfernung besteht immer ein Rezidivrisiko, so dass regelmäßige endoskopische Nachuntersuchungen zu empfehlen sind. Kommt es zu erneutem Wachstum von verändertem Gewebe und ist dieser Bereich noch klein, kommt die transendoskopische Behandlung mit einer Injektion von Formalin in Frage, welches zum Absterben des Gewebes führt.
Luftsackmykose
Bei dieser Erkrankung kommt es zu einer Besiedelung der Schleimhaut im Luftsack mit einem Pilzbelag. Bei den Pilzen handelt es sich um typische Pilze aus der Umgebungsluft (z.B. Aspergillen), welche also von allen Pferden ständig mit eingeatmet werden. Warum es in seltenen Fällen zur Mykose (Ansiedlung der Pilze) kommt, lässt sich nicht immer klären. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass ein geschwächtes Immunsystem (Immunsuppression) begünstigend wirkt. Das Gefährliche an dieser Erkrankung ist, dass der Pilz sich an den großen Gefäßen ansiedelt, welche durch den Luftsack hindurch verlaufen. Er ernährt sich über die Gefäßwand und führt so dazu, dass diese porös wird. Daher fallen die Pferde häufig mit wiederkehrendem Nasenbluten auf. Reißt das Gefäß vollständig auf, kommt es zu einer plötzlichen Sturzblutung, welche zum Tod des Pferdes führen kann. Daher ist es immer wichtig wiederkehrendes Nasenbluten zeitnah endoskopisch abzuklären. Weitere mögliche Symptome einer Luftsackmykose können Schluckstörungen sein, welche sich durch Probleme bei der Futteraufnahme, Futter-/Wasser- oder Speichelabfluss aus der Nase sowie Husten beim Fressen äußern können. Dies liegt daran, dass durch die Luftsäcke einige der Nerven verlaufen, welche für den Schluckakt mit verantwortlich sind und welche durch die Infektion geschädigt werden können.
Wenn die Erkrankung rechtzeitig erkannt wird, steht eine operative Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung. Diese OP bieten wir auch bei uns in der Klinik an. Dabei werden die Gefäße verschlossen, was dank eines Gefäßkreislaufes in diesem Bereich für die Versorgung des Pferdes kein Problem darstellt. Zum einen wird dadurch das Risiko einer Blutung behoben, zum anderen stirbt der Pilz in der Folge ab, weil ihm die Versorgungsgrundlage entzogen wird. Begleitend kann der Luftsack gespült werden.
Luftsackempyem
Der Begriff beschreibt eine Ansammlung von Eiter im Luftsack. Fast immer ist der Grund hierfür eine Druseerkrankung. Denn unter dem Boden des Luftsackes liegen die sogenannten Retropharyngeallymphknoten, welche zusammen mit den Kehlgangslymphknoten die am häufigsten bei der Druse betroffenen Lymphknoten sind. Der Erreger führt zur Abszessbildung im Lymphknoten. Platzt der Abszess anschließend auf, entleert sich der Eiter in den Luftsack hinein. Meistens entleert dieser sich anschließend über die Luftsackklappe in den Rachenraum und fließt von dort über die Nüstern ab, wo er dann als eitriger Nasenausfluss ein- oder beidseits sichtbar wird. Ca. 3 Wochen nach den letzten Symptomen ist die „Selbstreinigung“ des Körpers abgeschlossen und der Luftsack wieder sauber. In Einzelfällen funktioniert dies jedoch nicht, so dass der Eiter im Luftsack verbleibt, eintrocknet und sogenannte „Chondroide“ („Eitersteine“) bildet. Um das festzustellen, kommt auch die Endoskopie zum Einsatz, denn abschließend ist immer eine endoskopische Kontrolle der Luftsäcke mit Entnahme von Spülproben zu empfehlen. Mehr Informationen zur Druse finden Sie hier: Link
In seltenen Fällen gibt es auch Luftsackvereiterungen, welche durch den engen Verwandten des Druseerregers, nämlich den sog. Streptococcus equi zooepidemicus verursacht werden.
Luftsacktympanie
Diese Erkrankung sieht man selten und nur bei Fohlen. Dabei handelt es sich um eine vererbliche Missbildung an der Ohrtrompete, wobei eine Ventilstenose entsteht. Dies führt zur Ansammlung von Luft in den Luftsäcken, welche jedoch nicht wieder ausströmen kann, so dass die Luftsäcke deutlich anschwellen und nach außen hin sichtbar werden. Für das Fohlen bedeutet dies Probleme mit der Atmung mit oft lautem Atemgeräusch, teilweise auch Verschlucken an der Milch und Regurgitation, also Abfluss von Milch über die Nüstern, was in der Folge zur Lungenentzündung führen kann, wenn Milch mit eingeatmet wird. Therapie der Wahl ist eine Operation mittels Laserchirurgie.
Otitis media (Mittelohrentzündung)/THO (Temporohyoidosteoarthropathie)
Dabei handelt es sich zwar nicht um eine direkte Erkrankung der Atemwege, aber um eine Erkrankung, welche sich ebenso mittels Endoskopie feststellen lässt. Und zwar liegt dem Dach der Luftsäcke benachbart das Ohr. Kommt es zu einer Mittelohrentzündung und das Trommelfell bricht ein, ist es möglich Abfluss von Eiter in den Luftsack zu sehen, begleitet von einer Weichteilschwellung. Häufig ist der Eiter klebrig und in einer geringen Menge vorhanden, so dass es nicht zu Nasenausfluss kommen muss. Die Pferde fallen meist eher durch Inappetenz bzw. mit Schwierigkeiten bei der Futteraufnahme auf. Zudem sind viele am Ohr, zum Beispiel beim Aufhalftern sehr empfindlich. Kopfschütteln und Reiben des Ohres sieht man dagegen eher bei Entzündungen des äußeren Ohres (Otitis externa). Dies kann man mit unseren speziellen schmalen Endoskopen auch untersuchen, allerdings erfolgt hier der Zugang von außen über die Ohrmuschel.
Eine sog. THO kann als Folge einer Mittelohrentzündung entstehen. Der Begriff steht für eine Form der Arthrose in der gelenksähnlichen Verbindung zwischen einem Anteil des Schädelknochens und dem Zungenbein (kleiner Knochen, welcher von dort oben durch den Luftsack hindurch verläuft und schlussendlich in der Zunge endet). Es kommt hier zu einer knöchernen Zubildung und damit kompletten Versteifung. Durch den Verlauf des Zungenbeines entsteht eine Hebelwirkung, was zu einem Bruch des Zungenbeines und in der Folge zu schweren neurologischen Ausfallserscheinungen führen kann. Wenn man eine THO frühzeitig diagnostiziert, ist es möglich durch einen operativen Eingriff, bei welchem ein Stück des Zungenbeines entfernt wird, einen Bruch zu vermeiden.
Für diese komplexen sich überlagernden Strukturen im Kopfbereich steht uns zur weiteren Diagnostik noch das CT zur Verfügung, welches vom Kopf am sedierten Pferd schonend und zügig durchgeführt werden kann und viel Aufschluss bietet.


