Wenn man von den „unteren“ Atemwegen spricht, sind damit die Bronchien, kleinen Bronchien, Lungenbläschen und das Lungengewebe selbst gemeint. Ein Pferd mit Problemen der unteren Atemwege hat Schwierigkeiten seinen Körper mit Sauerstoff zu versorgen, weil der Sauerstoff nicht effektiv von der Lunge ins Blut aufgenommen werden kann. Es besteht also ein gestörter „Gasaustausch“, denn auch das CO2 aus dem Körper kann unter Umständen nicht ausreichend entweichen und abgeatmet werden. Die Lungenfunktion ist also eingschränkt, im Gegensatz zu einem gestörten Luftstrom, wie er bei Erkrankungen der „oberen“ Atemwege vorliegt.
Erkrankungen der tiefen Atemwege entstehen aus infektiösen Ursachen wie Bakterien, Viren oder Pilze, oder aus nicht-infektiösen Ursachen wie einer Überempfindlichkeit auf Allergene und Umweltnoxen. Letzteres ist eine weit verbreitete Situation in unserer Pferdepopulation. Das Problem, eine ursächliche Diagnose zu stellen, besteht darin, dass die Lunge sehr oft gleich auf verschiedene Ursachen reagiert, und als Symptome beobachtet man oft Kurzatmigkeit, Husten, Nasenausfluss – egal, was genau dahinter steckt.
Die Diagnose von milden oder chronischen Atemwegserkrankungen stellt selbst den erfahrenen Tierarzt immer wieder vor neue Herausforderungen, da diese Probleme mit dem Stethoskop alleine häufig nicht wahrzunehmen sind. So werden auch bei Kaufuntersuchungen chronische Verläufe nicht unbedingt entdeckt.
Umso wichtiger ist eine präzise Diagnostik, damit man eine geeignete Therapie auswählen kann. Auch das Stadium der Erkrankung des Pferdes spielt eine große Rolle bei Prognose und Therapie. Es sind verschiedene Geräte zur Untersuchung des Pferdes und unterschiedliche Materialien zur Entnahme und Analyse der Proben notwendig.
Durch unsere hochmoderne Ausrüstung können wir diese erforderliche präzise Diagnostik durchführen - wir können aus verschiedenen Endoskopen wählen, nutzen aber auch den Ultraschall und eine digitale Röntgenanlage für die Lungendiagnostik. Ganz wichtig ist zudem ein spezieller Schlauch, mit dem Lungenspülproben (Bronchoalveoläre Lavage) entnommen werden können, was besonders in der Diagnostik von chronischen Lungenerkrankungen eine große Bedeutung hat.
Zusätzlich können im Klinik-eigenen Labor Blutgasanalysen durchgeführt und Zytospin-Präparate angefertigt werden, zwei weitere entscheidende Tools bei der Lungendiagnostik.
Die wichtigsten diagnostischen Mittel bei der Lungendiagnostik:
1. Endoskopie (Bronchoskopie)
Mit Hilfe der Bronchoskopie lässt sich das Ausmaß von Atemwegsentzündungen sowie die Herkunft und Menge von Atemwegssekreten beurteilen, indem man die Luftröhre, die Hauptbronchien und die darin befindlichen Sekrete direkt betrachten kann.
2. Tracheobronchialsekret (TBS) und BAL (Bronchoalveoläre Lavage)
Laboruntersuchungen und Zellanalysen dieser Sekrete geben Rückschlüsse auf den Schweregrad und das Stadium der Lungenerkrankung, je nach Befund kann die entsprechende Therapie ausgewählt, angepasst bzw. der Therapieerfolg überprüft werden. Das Trachealbronchialsekret ist das Sekret (oder der „Schleim“), der bei der Endoskopie direkt aus der Luftröhre oder steril durch eine Punktion der Luftröhre von außen (siehe 6.) entnommen wird. Bei der BAL wird eine Spülprobe aus der Tiefe der Lunge genommen, wodurch man in Bezug auf die Art und den Schweregrad einer Entzündung der tiefen Atemwege eine genauere Aussage bekommt als über das TBS.
3. Blutgasanalyse
Die arterielle Blutgasanalyse bietet eine unmittelbare Überprüfung der Sauerstoffsättigung des arteriellen Blutes. Dieser Test eignet sich für die Diagnostik von Leistungsminderungen oder als Kontrolle des Therapieerfolgs bei der Behandlung von Lungenerkrankungen.
4. Ultraschall
Mittels Ultraschalluntersuchung können Entzündungen des Brust- und Lungenfells sowie unbelüftete Lungenbezirke (z.B. Flüssigkeitsansammlungen oder Abszesse) beurteilt werden und ggf. eine Biopsie entnommen werden.
5. Röntgen
Mit einer Röntgenuntersuchung kann sowohl die Chronizität als auch das Ausmaß der Lungenerkrankung beurteilt werden. In seltenen Fällen gibt sie auch Hinweise auf tumoröse Erkrankungen/Metastasen in der Lunge.
6. Transtracheale Lavage und Biopsie
Bei besonderen Fragestellungen wie z.B. schweren Bronchopneumonien, Lungenabszessen oder Verdacht auf Veränderungen des Lungengewebes führen wir je nach Indikation eine sogenannte transtracheale Lavage und Lungenbiopsien durch. Bei der transtrachealen Lavage können Infektionserreger besser diagnostiziert werden, da die Probe nicht über ein Endoskop, sondern steril durch Punktion der Luftröhre gewonnen wird. Dasselbe gilt für Lungenbiopsien, wobei hier zusätzlich eine histopathologische Untersuchung des Lungengewebes erfolgt. Lungenbiopsien kommen auch bei schweren Lungengewebsveränderungen und Tumorerkrankungen zum Einsatz.