Wurmkuren

Wurmkuren
Wurmkuren nicht nur Prophylaxe, sondern auch wichtig in der Therapie

 

Wurmkuren – nicht nur Prophylaxe, sondern auch wichtig in der Therapie

Die Entwurmung beim Pferd ist ein riesengroßes Thema. Besonders wichtig ist, dass die Endoparasitenprophylaxe eines Bestands in Absprache zwischen Stallbesitzer und Tierarzt stattfindet, denn viele Faktoren spielen für die zu wählenden Entwurmungschemata eine Rolle: Herden- bzw. Gruppengröße, Altersverteilung der Pferde in den Gruppen, Paddock- und Weidemanagement, usw. Für manche Bestände kann auch eine selektive Entwurmung sinnvoll sein, d.h. der Befall der Pferde mit kleinen Strongyliden wird über regelmäßige Eizahlzählungen aus Kotproben und daraus folgender Entwurmung einzelnder Pferde geregelt. Für andere Haltungsformen oder Altersgruppen kann es widerum nötig sein, individuelle Entwurmungen durchzuführen.

Als Überweisungsklinik sind Endoparasiten, also Würmer, und ihre Bekämpfung insofern wichtig, als dass wir regelmäßig mit Pferden zu tun haben, die tatsächlich durch den Befall mit Parasiten manifest erkrankt sind. Man sollte meinen, dass regelmäßige Entwurmungen ausreichen, damit ein Pferd nicht durch Würmer krank wird, aber leider stimmt das so nicht. Z.B. junge Pferde, die falsch oder zu selten entwurmt werden, oder ältere Pferde, deren Immunsystem reduziert ist, leiden gar nicht so selten an Wurmerkrankungen. Denn der Darm hat sein eigenes Immunsystem, das durchaus in der Lage ist, Würmer abzuwehren, aber eben nur, wenn der Darm und der restliche Organismus ganz gesund sind und eine Immunität aufgebaut werden konnte.

Wir wollen hier über die wichtigsten Wurmerkrankungen informieren, die zu solch schweren und lebensbedrohlichen Erkrankungen führen können, dass eine Behandlung in der Klinik vonnöten sein kann.

 

1. Larvale Cyathostominose, Durchfall durch kleine Strongyliden (Cyathostoma)

Kleine Strongyliden machen als adulte Würmer relativ wenig Probleme. Richtig problematisch kann ein starker Befall mit deren Larven werden. Die Larven verkapseln sich in der Dickdarmschleimhaut („enzystierte Larven“) und warten dort auf ihren Schlupf, um dann zu adulten Würmern im Dickdarm zu werden (adulte Würmer sind auf dem Bild zu sehen). Bei jedem Schlupf gibt es eine kleine lokale Entzündungsreaktion in der Schleimhaut. Schlüpfen besonders viele Larven auf einmal, kann dadurch eine massive Entzündung großer Teile der Dickdarmschleimhaut entstehen, diese widerum führt zu Durchfall (Kolitis) und Proteinverlust. Bei besonders schweren Verläufen können junge oder vorallem alte Pferde an den Folgen sterben. Die sichere Diagnose einer Kolitis durch larvale Cyathostominose lässt sich nur selten stellen, z.B. wenn man in einer Darmschleimhautbiopsie enzystierte Larven findet (siehe mikroskopisches Bild). Wurmlarven produzieren keine Wurmeier, daher hilft eine Kotprobe nicht bei der Diagnose. Das schlimmste aber ist, dass es bei kleinen Strongyliden schon viele Resistenzen gegen gängige Wurmkuren gibt. Selbst gegen Moxidectin, die „stärkste“ erhältliche Wurmkur, gibt es bei kleinen Strongyliden schon Resistenzen, was bereits zum Tod einiger junger Pferde in England durch laravale Cyathostominose geführt hat, weil auch diese Wurmkur nicht mehr gewirkt hat! Je mehr Moxidectin (Equest®) also prophylaktisch eingesetzt wird, desto eher entstehen auch in Deutschland Resistenzen. Resistenzen entstehen bei Wurmfamilien, die gegen die Anthelmintika (Entwurmungsmittel) immun werden, nicht beim Pferd. Deshalb sollte Moxidectin als Reserveanthelmintikum angesehen werden und nur für die Therapie, und nicht für Prophylaxe, eingesetzt werden.

 

Kleine Strongyliden im Kot eines Pferdes        Kleine Strongyliden im Kot eines Pferde

 

2. Askaridenobstipation, Spulwurmbefall bis zur Kolik-OP bei Jährlingen (Parascaris equorum)

Spulwürmer befallen vorwiegend junge Pferde im Alter bis etwa 2 Jahren. Ab dem zweiten Lebensjahr bilden die meisten Pferde eine ausreichende Immunität aus, so dass die Würmer sich nicht mehr stark vermehren können. Allerdings sind bei Spulwürmern Resistenzen gegen bestimmte Anthelmintika sehr weit verbreitet. Kurz gesagt, Ivermectin hilft nicht gegen Spulwurmbefall! Dadurch kommt es immer wieder vor, dass Jährlinge trotz „regelmäßiger Entwurmung“ schweren Spulwurmbefall erleiden. Der verläuft oft unbemerkt, bis plötzlich eine starke Kolik auftritt. Die riesigen, „spaghettiartigen“ Spulwürmer verstopfen dann den Dünndarm bis hin zum kompletten Dünndarmverschluss (siehe Utraschallbild), der sich nur noch operativ beheben lässt, indem man in einer Kolik-OP den Dünndarm aufschneidet und die langen Würmer herauszieht. Deshalb lautet die allgemeine Empfehlung, Pferde bis zum 18. Lebensmonat alle 6 Wochen mit Fenbendazol (Panacur®) zu entwurmen, damit es gar nicht erst soweit kommt.

 

Ultraschallbild von Spulwürmern im Darm eines Jährlings  Ultraschallbild von Spulwürmern im Darm eines Jährlings

 

3. Thrombo-embolische Kolik, eine seltene, meist tödliche Kolik durch Larven von großen Strongyliden (Strongylus vulgaris)

Große Strongyliden sind eher selten vorkommende Würmer, weil diese noch recht empfindlich gegenüber den üblichen Entwurmungen sind, und sich bei diesen noch nicht so viele Resistenzen gebildet haben. Trotzdem kann es vorkommen, dass bei der Wanderung der großen Strongylidenlarven durch die Blutgefäße des Darms die Blutgefäßwände so geschädigt werden, dass sich Thromben (Blutgerinnsel) bilden. Dies nennt man dann „verminöse Arteritis“, weil Darm-Arterien von Wurmlarven besiedelt werden. Wenn sich von den entstehenden Gerinnseln ein Stück löst, kommt es zu einer sogenannten Embolie, und die Blutversorgung eines Darmabschnitts wird verstopft (daher der Name „thrombo-embolische Kolik“). Relativ schnell stirbt durch die fehlende Blutversorgung ein Darmteil ab (Infarkt) und es kommt zu schwerer Kolik beim betroffenen Pferd. Weil meistens größere Abschnittes des Dickdarms  betroffen sind, kann der abgestorbene Darm oft nicht gut operativ entfernt werden, was bedeutet, dass betroffene Pferde meistens in der Kolik-OP eingeschläfert werden. Glücklicherweise tritt diese Form der Kolik heutzutage nur noch selten auf, aber große Strongyliden kommen immer noch vor – noch ein guter Grund für regelmäßige Entwurmungen!

 

Larve in der Darmwand unter dem Mikroskop    Larve in der Darmwand unter dem Mikroskop

 

Fazit:

Würmer sind nicht nur ein Problem, weil Verwurmung zu Abmagerung, Blutarmut und Kolik im Allgemeinen führen kann, sondern es gibt wirklich schwere und lebensbedrohliche Wurmerkrankungen bei unseren Pferden! Und man sollte sich wirklich gut beraten lassen, was das Entwurmungsmanagement angeht, denn je nach Alter, Immunstatus und Haltungsbedingungen eines Pferdes muss die Entwurmungsstrategie angepasst werden. Das allergrößte Problem allerdings sind zunehmende Resistenzen gegen Anthelmintika und der damit zunehmende Therapienotstand. Die „starke“ Wurmkur Moxidectin (Equest®) sollte demnach als Reserveanthelminthikum angesehen werden und der Therapie vorbehalten sein und nicht in der Prophylaxe eingesetzt werden.