Das 16 jährige Shetlandpony Lilly kam im März 2024 als Kolikpatient zu uns in die Klinik. Sie zeigte zu Hause Appetitlosigkeit sowie vermehrtes Liegen und wurde auch durch eine initiale Behandlung mit Schmerzmedikamenten nicht besser.
Bei der Untersuchung in der Klinik war ihre Herzfrequenz erhöht und die Darmperistaltik reduziert. Sie zeigte immer wieder leichte Koliksymptome wie u.a Scharren. In der rektalen Untersuchung konnte eine Obstipation (Verstopfung) des Dickdarms festgestellt werden. Da die Besitzerin bei der Anamnese schilderte, dass Lilly auf einem Paddock mit Sandboden lebt, wurde ein Röntgenbild des Abdomens angefertigt.
Abb. 1 Röntgenbild Abdomen vom 12.03.2024 (links original, rechts rot markiert Sand im Darm)
Und der Verdacht bestätigte sich tatsächlich! Lilly hat sehr viel Sandablagerungen im Dickdarm. Bei der röntgendichten Struktur, die im Dickdarm deutlich zu sehen ist (Abb.1), handelt es sich um massive Sandansammlungen. Diese verlegen teilweise den Dickdarm und können sekundär zu Folgeproblematiken wie Darmschleimhautreizung, Aufgasung von Darmanteilen und Stauung der Ingesta vor der Obstipationsstelle führen. All dieses führt irgendwann zu starken Schmerzen im Abdomen, was die Koliksymtomatik als Folge hat.
Eine Sandkolik entsteht, wenn Pferde oder Ponys große Mengen Sand oral aufnehmen. Das kann passieren, wenn sie auf Sand aufgestallt und sie vom sandigen Boden gefüttert werden oder auch, wenn beim Grasen auf einer sehr kurz geschnittenen Weide, Anteile des Erdbodens mit aufgenommen werden.
Aber wir konnten der kleinen Lilly helfen! Zunächst haben wir den akuten Kolik-Zustand mit Schmerzmitteln und Infusionstherapie behandelt. Doch um eine Sandkolik langfristig zu therapieren, muss der Sand aus dem Magendarmtrakt heraustransportiert werden. Dafür bekam Lilly zunächst von uns mehrfach über eine Nasenschlundsonde Flohsamenschalen und Glaubersalz in den Magen eingegeben. Die extrem quellfähigen Flohsamenschalen binden den Sand und erleichtern den Abtransport, während das Glaubersalz aufgrund seiner osmotischen Wirkung Flüssigkeit in den Darm zieht und das Ingesta-Gemisch somit verflüssigt und den Weitertransport erleichtert.
Für das weitere Management sollte Lilly zu Hause für vier Wochen jeden Tag 2-3x täglich Flohsamenschalen und Glaubersalz über das Futter aufnehmen, was sie nach anfänglichen Schwierigkeiten mit viel Geduld und ein paar Tricks der Besitzer dann auch gut tolerierte. Des Weiteren war es wichtig, das Management im Stall zu verändern und die weitere Sandaufnahme strikt zu verhindern.
Nach vier Wochen wurden erneut Röntgenbilder angefertigt. Es war schon eine deutliche Reduktion zu erkennen, aber es ist weiterhin Sand im Abdomen verblieben.
Abb. 2 Kontrollröntgen nach 4 Wochen (links original, rechts rot markiert Sand im Darm)
Daher wurde die Kur nochmals für 10 Wochen durchgeführt, und nun konnten wir am 23.07.2024 freudig im Kontrollröntgen feststellen, dass der Sand fast vollständig verschwunden ist.
Abb 3. Kontrollröngten 23.07.2024 (links original, rechts rot markiert Sand im Darm)
Das Durchhaltevermögen, die Bereitschaft zu Änderung und Optimierung der Haltung sowie des Managements und die generell großartige Mitarbeit von Lillys Besitzern, haben dem kleinen süßen Pony, welches mit starken Bauchschmerzen im März bei uns die Klinik betrat, das Leben gerettet.
Eine Sandkolik kann untherapiert ein lebensbedrohlicher Zustand werden, doch mit einfachen Mitteln und etwas Geduld ist es eine prinzipiell gut therapierbare Kolikursache.